Die 3 größten Hürden für die Einführung von KI im Mittelstand
Wie Zeitmangel, Unwissenheit und deutsche Gründlichkeit den Fortschritt bremsen und was Unternehmen dagegen tun können
Obwohl sich die Welt durch den flächendeckenden Einsatz von künstlicher Intelligenz gerade in Rekordgeschwindigkeit verändert, ist das Thema KI in vielen mittelständischen Unternehmen noch nicht wirklich angekommen. Laut neuesten Umfragen nutzen gerade einmal 12-17% der „Mittelständler“ KI-Tools, um ihre Prozesse effizienter oder kostengünstiger zu gestalten. Warum ist das so? Warum tun sich viele Firmenchefs so schwer mit KI?
Stärkung der Marktposition, Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, Einsparung von Ressourcen, Skalierbarkeit, Verbesserung der Kundenbeziehung, Kostenreduktion durch Automatisierung – all das sind viele gute Argumente, die immer wieder genannt werden. Die aber offensichtlich in den Köpfen vieler Führungskräfte nicht so verfangen, dass sie die sofortige Notwendigkeit für den Einsatz von KI-Anwendungen im eigenen Unternehmen sehen.
Aus zahlreichen Beratungsgesprächen mit Unternehmern habe ich die folgenden drei Gründe identifiziert, warum das Thema KI erst mal links liegen bleibt oder gerne „auf später“ verschoben wird:
1. Fehlende Zeit
2. Unwissenheit
3. Deutsche Komplexität
Dahinter verbirgt sich eine Vielzahl von Motiven und Ursachen, die sich wechselseitig beeinflussen und in ihrer Summe den Einsatz von KI im Unternehmen ausbremsen.
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Schauen wir uns die Wechselwirkungen einmal genauer an:
1. Fehlende Zeit
Zeit ist eine der knappsten Ressourcen im Unternehmen – und das gilt besonders für Führungskräfte. Die Fülle an Aufgaben, die tagtäglich zu erledigen sind, sorgt dafür, dass das Thema KI oft auf die lange Bank geschoben wird.
Wichtige Kundenprojekte, neue regulatorische Anforderungen oder auch die Herausforderungen des Tagesgeschäfts nehmen einfach sehr viel Raum ein. Hinzu kommt die zunehmende Bürokratisierung, die besonders kleinen und mittelgroßen Unternehmen immer mehr Zeit und Energie abverlangt.
Das Ergebnis: Für eine strategische Auseinandersetzung mit neuen Themen, wie eben Künstliche Intelligenz, bleibt kaum Zeit.
Auch eine hohe Auslastung der Mitarbeiter bremst die Begeisterung für KI. In vielen Betrieben sind die Mitarbeitenden ohnehin stark eingebunden, insbesondere wenn dann auch noch Krankheits- und Urlaubsvertretungen für zusätzliche Belastungen sorgen. So bleiben wenig Spielräume, um sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen, geschweige denn, um einmal abseits des Tagesgeschäfts zu experimentieren, Erfahrungen zu sammeln oder neue Kompetenzen im Bereich KI aufzubauen.
Doch diese Situation birgt hohe Risiken. Die Denkweise „KI läuft uns schon nicht weg“ ist weit verbreitet – und sie ist kontraproduktiv: Denn, gerade weil der Nutzen von KI nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist, entsteht der Eindruck, dass keine Dringlichkeit besteht. Tatsächlich aber verschlafen Unternehmen die aktuelle Entwicklung, wenn sie sich nicht rechtzeitig damit beschäftigen.
Sich neue Wissensgebiete zu erschließen, mag zunächst nach einem zusätzlichen Aufwand klingen, aber dieser Aufwand ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Wer heute nicht lernt, die Potenziale der KI zu nutzen, wird vermutlich schon morgen ins Hintertreffen geraten.
2. Unwissenheit
Die fehlende Kenntnis über Künstliche Intelligenz, ihre Potenziale und die konkreten Einsatzmöglichkeiten führt zu problematischen Fehleinschätzungen auf der Chefetage. Viele Unternehmer wissen schlicht nicht, was mit KI alles möglich ist, und das führt häufig zu falschen oder skeptischen Annahmen.
Hinzu kommen persönliche Vorbehalte gegenüber der Zuverlässigkeit und den Fehlerquoten von KI, die letztlich dazu führen, dass das Thema lieber aufgeschoben wird.
Das mangelnde Vertrauen in KI hat vielfältige Ursachen: Es fehlen konkrete Anwendungsfälle, die sichtbar machen, wie große und kleine Prozesse im Unternehmen durch KI optimiert und automatisiert können. Dazu kommt, dass ein großer Teil der Führungskräfte keinen Überblick über die bestehenden Tools hat – und über die Möglichkeiten, diese sinnvoll im Unternehmen einzusetzen.
Die Vorstellung, dass KI vor allem riesige Datenmengen und aufwendige technische Infrastruktur benötigt, verstärkt diese Unsicherheit nur weiter. Tatsächlich aber gibt es bereits viele leicht zugängliche Lösungen, die ohne großen Aufwand im Alltag helfen können – wenn man sich nur einmal die Zeit nimmt, sich genauer mit einzelnen Tools zu beschäftigen.
3. Deutsche „Komplexität“
Es liegt einfach in unserer Natur: Wir Deutsche möchten erst alles ganz genau durchdenken, bevor wir handeln. Jede Eventualität muss abgewogen, alle Risiken und rechtlichen Bedenken analysiert sein, bevor wir den ersten Schritt machen. Diese Sorgfalt hat uns oft geholfen – aber wenn es um die Einführung von KI geht, werden wir damit zunehmend zu Getriebenen. Der internationale Wettbewerb kennt solche gedanklichen Schranken kaum, und die Bereitschaft, Dinge auszuprobieren, ist anderswo deutlich höher.
Gerade beim Einsatz von KI-Tools wäre mehr Experimentierfreude gefragt: Einfach mal verschiedene Tools ausprobieren, Erfahrungen sammeln und Mut zeigen. Erst durch den kreativen Umgang und eine gewisse spielerische Leichtigkeit werden wir kreativ und können überhaupt erkennen, wo genau der Mehrwert für uns liegt – und wie wir ihn realisieren wollen. Danach kann dann immer noch die gewohnte „deutsche Maschinerie“ anlaufen, mit klaren Prozessen, detaillierten Analysen und einem strukturierten Plan. Aber wir dürfen nicht alles kaputtdenken, bevor wir überhaupt beginnen.
KI wird zur Management-Aufgabe
Wichtig zu verstehen: KI wird mehr und mehr zu einer Management-Aufgabe, die ‚von oben nach unten‘ gelebt werden will. Als Führungskraft müssen Sie – ob Sie die Zeit finden oder nicht – den Wandel, der auf Ihr Unternehmen und Ihre Branche zukommt, verstehen. KI ist Teil der digitalen Transformation und stößt automatisch einen Change-Prozess an, der aktiv gemanagt werden will.
Wie können Führungskräfte diese Problematik lösen?
Somit kommen Sie als verantwortungsvolle Führungskraft nicht umhin, sich mit KI auseinander zu setzen. Je früher, desto besser.
Hier sind einige praxistaugliche Ideen, um möglichst schnell einen Zugang zu KI zu finden:
1. Zeitfenster für KI schaffen
Auch wenn es schwer fällt: Legen Sie gezielt Zeiträume fest, in denen Sie sich mit den neuen Technologien beschäftigen und ein grundlegendes Verständnis für KI entwickeln. 1 – 2 Stunden pro Woche sind völlig ausreichend – allerdings nur, wenn Sie dies regelmäßig Woche für Woche tun.
2. Praktische Erfahrungen sammeln
Sobald Sie sich einen ersten Überblick verschafft haben, sollten Sie einzelne KI-Tools selbst testen. Beginnen Sie in Ihrem persönlichen Arbeitsbereich, z.B. mit persönlichen digitalen Assistenten, die Ihnen den Büroalltag erleichtern können.
3. Kontinuierlich und gezielt Wissen erweitern
Momentan gibt es für nahezu jeden Bereich und jede Anwendung Webinare, Schulungen oder Workshops, die kostenlos oder für geringes Geld angeboten werden. Hier können Sie ganz gezielt und sehr effektiv Ihr Wissen vertiefen.
4. Netzwerke nutzen
Tauschen Sie sich in Netzwerken oder Brancheninitiativen aus, um zu erfahren, wie andere Unternehmen KI bereits anwenden. Ziel ist es, von Best Practices zu profitieren und neue Ideen für den Einsatz von KI zu bekommen.
5. Mit Pilotprojekten starten
Bringen Sie KI in Ihre Teams und beginnen Sie mit kleinen, klar definierten Projekten, um erste Erfahrungen zu sammeln und Schritt für Schritt Akzeptanz in Ihrem Unternehmen zu erzielen.
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